Real-Time Narrative Responses to Nazism: March/April 1933 in Germany and Rome

Zu häufig werden die Reaktionen der katholischen Kirche auf die nationalsozialistischen Verbrechen an den Juden getrennt von dem Umgang der Nationalsozialisten mit Katholiken betrachtet. Der Beitrag plädiert dafür, diese künstliche Trennung innerhalb der wissenschaftlichen Betrachtung aufzuheben. Di...

Ausführliche Beschreibung

Bibliographische Detailangaben
Veröffentlicht in:Kirchliche Zeitgeschichte. - Vandenhoeck & Ruprecht. - 27(2014), 1, Seite 120-136
1. Verfasser: Brown-Fleming, Suzanne (VerfasserIn)
Format: Online-Aufsatz
Sprache:English
Veröffentlicht: 2014
Zugriff auf das übergeordnete Werk:Kirchliche Zeitgeschichte
Schlagworte:Religion Political science Behavioral sciences
Beschreibung
Zusammenfassung:Zu häufig werden die Reaktionen der katholischen Kirche auf die nationalsozialistischen Verbrechen an den Juden getrennt von dem Umgang der Nationalsozialisten mit Katholiken betrachtet. Der Beitrag plädiert dafür, diese künstliche Trennung innerhalb der wissenschaftlichen Betrachtung aufzuheben. Die letzten Wochen im März und die ersten Wochen des Aprils 1933 lassen vielmehr deutlich erkennen, dass die Entscheidungen der katholischen Kirche und die Reaktionen auf die Verfolgung ihrer eigenen Glaubensgenossen ihre nur zögerliche Reaktion auf die Verfolgungsmaßnahmen gegen die jüdische Bevölkerung beeinflusst und beeinträchtigt haben. Beide Handlungsfelder müssen im Zusammenhang untersucht werden, um im Rahmen wissenschaftlicher Analyse zu einer möglichst nuancierten und wahrheitsgemäßen Darstellung kirchlichen Verhaltens in diesen Jahren zu gelangen. Die Ethik der Gegenseitigkeit - oder der Mangel daran - lässt sich insbesondere am Holocaust aufzeigen. Edith Stein verstand den oben skizzierten Zusammenhang bereits im April 1933, noch lange bevor die Nationalsozialisten und ihre Verbündeten sowie Kollaborateure sechs Millionen Juden und Millionen anderer Menschen ermordeten. Sie schrieb über die »Nächstenliebe« und über die enormen Folgewirkungen, die sich für den weltweiten Katholizismus ergeben würden, sollte die Ethik der Gegenseitigkeit ignoriert werden. In unserer Gegenwart, in der Wissenschaftler und Katholiken noch immer darüber streiten, wie die Rolle der katholischen Kirche während der NS-Zeit zu verstehen sei, verfolgen uns die hellsichtigen Worte Edith Steins. Das Spektrum katholischer Reaktionen auf die antijüdischen Gesetze im April 1933, das im Beitrag präsentiert wird, kann die Komplexität der katholischen Gewissensbindung unter dem ideologischen Ansturm des National Sozialismus verdeutlichen: die Bereitschaft, für die Kirche zu kämpfen, aber nicht für die geächteten Außenseiter der Gesellschaft. Die Reaktion von Pater Anton Scharnagl, der pflichtbewusst die notvolle Situation von Juden konstatierte, sich aber dann intensiv mit der Not der eigenen Glaubensgenossen beschäftigte, kann stellvertretend für diese Einstellung herangezogen werden. Briefe, wie derjenige einer anonymen Frau aus Düsseldorf, die im vorliegenden Beitrag zitiert werden, erinnern daran, dass es im katholischen Kontext auch möglich war, einen weiteren Horizont zu haben. Too often, the response of the Catholic Church to Nazi treatment of Jews is viewed separately from the Church's response to Nazi treatment of Catholics. Scholars must break down this artificial separation. The last weeks of March and first weeks of April 1933 make painfully clear that the Catholic Church's decisions and responses to persecution of their own co-religionists influenced and affected their tepid response to mistreatment of Jews. Both must be studied together for the most nuanced and truthful scholarship on the church during these years. The ethic of reciprocity -or the lack of it - lies at the center of the Holocaust.¹ Edith Stein understood this when as early as April 1933, long before the Nazis and their allies and collaborators murdered six million Jews and millions of others, she wrote about »love of neighbor,« and the enormous cost to universal Catholicism should the ethic of reciprocity be ignored. Today, as scholars and Catholics struggle still over how to understand the role of the Catholic Church during the Nazi period, we are haunted by Edith Stein's words. Catholic responses to the April 1933 anti-Jewish laws embody the complexities of the Catholic conscience under the assault of Nazism: a willingness to fight for the church but not for perceived outsiders. Father Scharnagl's response, dutifully noting the plight of Jews but more focused on the plight of co-religionists, is hardly surprising, but letters like those written by the anonymous woman from Düsseldorf remind us that to think more broadly was possible.
ISSN:2196808X