Die soziale Bewegung gegen Schundliteratur im deutschen Kaiserreich. Ein Kapitel aus der Geschichte der Volkserziehung

Der Aufsatz rekonstruiert den wilhelminischen »Schundkampf« historisch-ethnographisch aus den Handlungen der Akteure: Nutzer und Gegner kommerzieller populärer Literatur. Aus dieser Perspektive werden drei Thesen entwickelt. Die Ablehnung des entstehenden Marktes für preiswerte Kulturwaren durch die...

Ausführliche Beschreibung

Bibliographische Detailangaben
Veröffentlicht in:Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur. - Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, 1976. - 27(2002), 2 vom: 20. Dez., Seite 45-123
1. Verfasser: Maase, Kaspar (VerfasserIn)
Format: Aufsatz
Veröffentlicht: 2002
Zugriff auf das übergeordnete Werk:Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur
Beschreibung
Zusammenfassung:Der Aufsatz rekonstruiert den wilhelminischen »Schundkampf« historisch-ethnographisch aus den Handlungen der Akteure: Nutzer und Gegner kommerzieller populärer Literatur. Aus dieser Perspektive werden drei Thesen entwickelt. Die Ablehnung des entstehenden Marktes für preiswerte Kulturwaren durch die gebildeten und besitzenden Oberschichten aufgreifend, war der Feldzug gegen die Schundliteratur eine soziale Bewegung der volkserzieherischen Professionen, insbesondere der Volksschullehrer; es ging um höheres Ansehen und verbesserte berufliche Stellung. Damit bilden nicht zeitgenössische Zensurbestrebungen den sinngebenden Kontext, sondern tradierte Volkserziehungsmotive. Schließlich sind die Praktiken von Schundgebrauch und Schundjagd auch zu lesen als Auseinandersetzung um die Neubestimmung von Kindheit und Jugend in einer einschneidend veränderten Medienkonstellation.
The essay uses methods of historical ethnography to analyze the wilhelminian campaign against »Schund«. It interprets the social practices of the struggling parties: users and opponents of pulp fiction. Three theses are put forward. 1. The war on »Schundliteratur« was a social movement of educators engaged in popular education. The leading activists were elementary school teachers who thus wanted to enhance their social and professional standing. They transformed into social action feelings of disapproval and disgust among the social and cultural élites who resented the boom of commercial popular arts. 2. This means that the campaign was not an effort to establish censorship, but part of a strategy of popular education. 3. The conflict between those who used pulp fiction and those who fought it should also be read as a struggle over new definitions of childhood, brought about by a radical change in the public presence of forceful media.
Beschreibung:© Max Niemeyer Verlag GmbH, Tübingen 2002
ISSN:0340-4528
DOI:10.1515/IASL.2002.2.45