Abraham Neumann als Beamter für besondere Aufgaben in jüdischen Angelegenheiten beim General-Gouverneur Liv-, Est- und Kurlands

Abraham Neumann wurde im Jahre 1809 in Gerolshausen bei Würzburg geboren. Seit 1822 erhielt er eine traditionell-religiöse Erziehung in der Fürther Jeschiva, fünf Jahre später begann er ein Studium an der Würzburger Universität, immatrikulierte sich an dieser jedoch erst im April 1832. Bereits ein J...

Ausführliche Beschreibung

Bibliographische Detailangaben
Veröffentlicht in:Aschkenas. - Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, 1991. - 15(2005), 1 vom: 08. Dez., Seite 55-109
1. Verfasser: Grill, Tobias (VerfasserIn)
Format: Aufsatz
Veröffentlicht: 2005
Zugriff auf das übergeordnete Werk:Aschkenas
Beschreibung
Zusammenfassung:Abraham Neumann wurde im Jahre 1809 in Gerolshausen bei Würzburg geboren. Seit 1822 erhielt er eine traditionell-religiöse Erziehung in der Fürther Jeschiva, fünf Jahre später begann er ein Studium an der Würzburger Universität, immatrikulierte sich an dieser jedoch erst im April 1832. Bereits ein Jahr darauf wurde er in Gießen promoviert und fand für die folgenden vier Jahre Anstellung als Hauslehrer bei Baron v. Hirsch in Würzburg. Nachdem er seine rabbinische Ausbildung in Bayreuth erhalten hatte, legte er vor der Königlich-Bayerischen Prüfungskommission erfolgreich das Examen für den Titel eines Rabbinatskandidaten ab. Auf Grund der »Überfüllungskrise« der 1830er Jahre (Carsten Wilke) schloß sich Abraham Neumann als Rabbinatskandidat einer Petition an die Bayerische Regierung an, um auf die traurige Lage der jungen, akademisch gebildeten, aber stellungslosen Rabbiner aufmerksam zu machen. In Bamberg erhielt er schließlich seine Rabbinerautorisation, sah aber weiterhin offensichtlich keine Möglichkeit, eine Stelle als Rabbiner zu erlangen. Eine am 25. März 1838 erneut eingereichte Petition junger Rabbiner und Kandidaten an die Regierung Bayerns trägt neben anderen wiederum Neumanns Unterschrift. Doch sollte es weitere fünf Jahre dauern, bis er als Prediger und Schuldirektor im Mai 1843 (Amtsantritt offenbar Anfang 1844) in Riga angestellt wurde. In dieser Eigenschaft war er Nachfolger des Münchener Rabbiners Dr. Max Lilienthal (auch er hatte zu den Petitionären vom 25. März 1838 gehört), der vom Minister für Volksaufklärung, Sergej Uvarov, nach St. Petersburg berufen worden war, um dort an der Reform des jüdischen Bildungswesens im Russischen Reich federführend mitzuarbeiten. Innerhalb weniger Monate konnte Neumann mit seinen deutschen Predigten und als Schuldirektor der modernen jüdischen Gemeindeschule nicht nur die Achtung des nach Aufklärung strebenden Teils der jüdischen Bevölkerung in Riga gewinnen, sondern auch den Respekt und die Anerkennung der Obrigkeit erlangen. Bereits im November 1844 wurde er in seinen Ämtern als Prediger und Schuldirektor vom Ministerium für Volksaufklärung auf Lebenszeit bestätigt. Im März 1849 erhielt Neumann, dessen Schule in Riga als Vorbild für die staatlichen jüdischen Schulen im jüdischen »Ansiedlungsrayon« (čerta osedlosti evreev) des Russischen Reichs fungierte, vom Dorpater Inspektor für Schulangelegenheiten den Auftrag, einen Plan für die Errichtung staatlicher jüdischer Schulen (sogenannter Kronschulen) in Kurland auszuarbeiten. Wie Neumanns diesbezüglicher Entwurf aussah, läßt sich auf Grund fehlender Quellen nicht sagen. Jedoch spricht der Umstand, daß Neumann seit September 1852 – neben seiner Tätigkeit in Riga – als Beamter für besondere Aufgaben in jüdischen Angelegenheiten beim General-Gouverneur der Ostseeprovinzen angestellt war und in dieser Eigenschaft die kürzlich errichteten staatlichen jüdischen Schulen zweimal inspizieren sollte, dafür, daß die Obrigkeit seine Vorschläge zur Gestaltung der Schulen offenbar wohlwollend aufgenommen hatte. So wurde er vom Minister für Volksaufklärung im November des selben Jahres beauftragt, die neuen jüdischen Unterrichtsanstalten in Kurland zu inspizieren und gleichzeitig – auf Anordnung des General-Gouverneurs der Ostseeprovinzen – die kurländisch-jüdischen Gemeinden in religiöser, moralischer und wirtschaftlicher sowie deren Rabbiner in geistiger und moralischer Hinsicht einer Revision zu unterziehen. Die Obrigkeit zeigte sich mit Neumanns diesbezüglichem Bericht sehr zufrieden und sprach ihm daher offiziell ihre Anerkennung aus. Im November 1855 wurde Neumann abermals vom General-Gouverneur der Ostseeprovinzen beauftragt, die kurländisch-jüdischen Gemeinden zu bereisen und über seine Erfahrungen Bericht zu erstatten.
Beschreibung:© Max Niemeyer Verlag, 2005
ISSN:1016-4987
DOI:10.1515/ASCH.2005.55