Zusammenfassung: | Zusammenfassung Die politikwissenschaftliche Transformationsforschung der letzten beiden Jahrzehnte hat erheblich zum Verständnis der Ursachen, Verlaufsformen und Ergebnisse von Prozessen der Demokratisierung und demokratischen Konsolidierung politischer Systeme beigetragen. Gleichwohl hat sie es bislang weder verstanden, die Struktur und Funktionselemente einer Vielzahl von jungen Demokratien der dritten Welle begrifflich zu fassen, die in der Grauzone von konsolidierter, liberal-rechtsstaatlicher Demokratie und offener Autokratie siedeln, noch bietet sie ein typologisches Konzept, dass es erlaubt diese neuen Regime systematisch von rechtsstaatlichen Demokratien zu scheiden. Ausgehend vom Grundtyp der liberalen Demokratie bildet die defekte Demokratie einen Subtyp demokratischer Regime, der seinerseits wieder in drei Typen differenziert werden kann: die exklusive Demokratie, die Enklavendemokratie sowie die illiberale Demokratie. Letztere löst den komplementären Zusammenhang von privater und öffentlicher Autonomie, Rechtsstaat, Gewaltenkontrolle und Demokratie einseitig auf. Die Beschädigung rechtsstaatlicher Prinzipien, die partielle Ausschaltung der Gewaltenhemmung und die eingeschränkte Wirksamkeit bürgerlicher Freiheits- und Schutzrechte sind die definierenden Merkmale illiberaler Demokratie und zentrale Bestandteile ihrer Funktionslogik. Das Entstehen illiberaler Demokratien kann partiell mit der Verdrängung formaler Institutionen des Rechts- und Verfassungsstaates durch informale Regeln und Institutionen erklärt werden. Die Informalisierung politischer Verfahren und Entscheidungsregeln ist wiederum vor allem das Resultat von drei sich wechseleitig beeinflussenden Faktorenbündeln: (1) einem vor-demokratischen Erbe des Informalen, (2) einer aus der autoritären Phase übernommenen ökonomischen und politischen Problemakkumulation post-autoritärer Systeme sowie (3) dem Zusammenwirken von Faktorenkonstellationen auf der Ebene der formalen Verfassungsinstitutionen, des sozio-politischen Vermittlungssystems sowie auf der Ebene der politischen und sozialen Kultur der Demokratie. Diese Faktoren verdichten sich zu einem „illiberalen Code”, der die politische Entwicklungsdynamik solcher Demokratien maßgeblich prägt.
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