Die Gründung der Stiftung Warentest als „zweitbeste Lösung“? Verbraucherpolitik zwischen Verbraucherverbänden und Staat in den 1960er Jahren

Die mehr als fünfzigjährige Geschichte der Stiftung Warentest wurde bislang meist als Erfolgsstory geschrieben, angestoßen durch Ludwig Erhard, den „Vater der Sozialen Marktwirtschaft“. Dabei war es Ende der 1950er Jahre insbesondere Erhard, der im Schulterschluss mit Industrieverbänden immer wieder...

Ausführliche Beschreibung

Bibliographische Detailangaben
Veröffentlicht in:Historische Zeitschrift. - [Berlin] : ˜deœ Gruyter Oldenbourg, 1859. - 303(2016), 2, Seite 426-458
1. Verfasser: Kevin Rick (VerfasserIn)
Format: Aufsatz
Sprache:English
Veröffentlicht: 2016
Zugriff auf das übergeordnete Werk:Historische Zeitschrift
Schlagworte:Economic History Entente Cordiale Verbraucherschutz Consumer Politics Interventionismus
Beschreibung
Zusammenfassung:Die mehr als fünfzigjährige Geschichte der Stiftung Warentest wurde bislang meist als Erfolgsstory geschrieben, angestoßen durch Ludwig Erhard, den „Vater der Sozialen Marktwirtschaft“. Dabei war es Ende der 1950er Jahre insbesondere Erhard, der im Schulterschluss mit Industrieverbänden immer wieder gegen den vergleichenden Warentest Stellung bezog. Unter welchen Umständen sich die Bundesregierung 1962/64 doch für die staatliche Gründung der Stiftung Warentest entschied und welche verbraucherpolitischen Implikationen diese Initiative hatte, thematisiert der vorliegende Beitrag anhand bislang weitgehend unbeachteter Quellen. Im Vordergrund steht dabei die These, dass die Stiftung keinesfalls als „Abkehr vom paternalistischen Impetus“ (Kleinschmidt) in der Verbraucherpolitik verstanden werden kann. Vielmehr katalysierte die Warentest-Debatte eine deutliche Intensivierung staatlichen Engagements in diesem Politikfeld, das sich in den Folgejahren immer mehr ausweitete. Darunter hatte insbesondere die „Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände“ (AgV) zu leiden, deren Bedeutung als tonangebende verbraucherpolitische Organisation durch die Initiativen der Bundes- und Landesregierungen kontinuierlich demontiert wurde. Most historians so far wrote the history of Stiftung Warentest founded in 1964 as a story of success, initiated by Ludwig Erhard, „father“ of the social market economy. However, in the 1950s it was Erhard himself who took a stand against all efforts in favour of comparative product testing. He considered it to be a too direct intervention on the free market. Nevertheless, in the beginning 1960s the West German government decided to found the Stiftung with state support, which caused severe financial problems for non-governmental product testing initiatives at that time. The article discusses the circumstances which led to this decision and analyzes the implications the foundation had for West German politics of consumption: While Christian Kleinschmidt has described the state-subsidized foundation as a clear sign for a „rejection from government’s paternalistic rationale in consumer politics“, the article argues that the „Warentest“ debate catalyzed a steadily intensifying governmental engagement in this policy field. The state’s initiative in comparative product testing was mostly based on the premise that German consumer organizations were too undisciplined, chaotic, and illegitimate, so the state would have to take the lead. Against this background, it is no surprise that Stiftung Warentest in particular affected the „Association of Consumer Organizations“ (Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände, AgV) in a negative way. The increasing state activity in consumer politics continuously forced the leading consumer organization into the backseat.
ISSN:0018-2613
DOI:10.1515/hzhz-2016-0382